Rur liebt die Vielfalt, Bruderschwestern, und so ist sie eine der Quellen der Schönheit der Welt. Eine Facette der aktuellen, fünften Regeledition, die eine solche Vielfalt ermöglicht, sind die optionalen Elemente. So spiegelt sich auch in ihnen die Schönheit der Welt wider. Irdisch gesprochen halte ich die Grundprämisse „Passe dein DSA an dich an!“ für eine der größten Stärken der aktuellen Edition. Allerdings scheinen einige Spieler mit den Folgen dieses Optionalitätsansatzes zu hadern. Grund genug für mich, einmal genauer hinzuschauen, was Elemente wie die Fokusregeln für das Spiel bedeuten.

Wie es bei den Texten unserer Reihe Schöner Leben mit DSA üblich ist, soll es dabei weniger um eine grundsätzliche Wertung der Angelegenheit gehen, sondern eher um Tipps, wie man den eigenen Spaß am Spiel steigern kann. Dies möchte ich in rurgefälligen vier Abschnitten tun. Wem das viel zu viel zu lesen ist, der kann übrigens auch einfach direkt zum Fazit springen. Ich fasse die vier Punkte dort auch noch einmal kurz zusammen.

Vorweg noch eine Erklärung, was ich in dieser Kolumne konkret mit dem Begriff „Optionalität“ meine. Im Grunde ist im Spiel alles optional, denn niemand ist verpflichtet, irgendeine der redaktionellen Setzungen so zu benutzen, wie sie angegeben sind. Mir geht es hier aber um diejenigen Elemente, die explizit vom Regelwerk als optional vorgesehen sind. Dies sind bei DSA5 vor allem die Fokusregeln, die keine allzu großen Veränderungen an der eigentlichen Spielbalance bewirken sollen. Dazu gesellen sich die explizit Optionale Regeln genannten Elemente, die einen stärkeren Einfluss auf die Spielbalance haben. Schließlich sind auch alle Veröffentlichungen jenseits der Kernregeln, z. B. die Regelerweiterungsbände, optional, da für die offiziellen Abenteuer mit sehr vereinzelten Ausnahmen nur das Grundregelwerk und der Aventurische Almanach benötigt werden.

1. Ist das gut oder kann das weg?

Es gibt meiner Meinung nach eine zentrale Frage bei der Entscheidung, ob man ein bestimmtes Detail ins Spiel einbinden möchte: Bereichert es das eigene Spiel? Keine Regel (und auch kein anderes Spielelement) ist alleine durch ihre (bzw. seine) schiere Existenz für das eigene Spiel nötig oder sinnvoll. Ich habe allerdings den Eindruck, dass manche Spieler tatsächlich Spielfreude daraus ziehen, möglichst viele Regeldetails in ihr Spiel zu integrieren. Dies ist zunächst eine typische Geschmacksfrage. Das Spiel mit vielen Details ist per se weder besser noch schlechter als das Spiel mit wenigen Details. Doch da DSA5 nach und nach für sehr viele Bereiche jeweils verschiedene Detailstufen anbietet oder in Zukunft anbieten wird, ist es in meinen Augen unumgänglich, eine Auswahl zu treffen, will man Freude am Spiel haben – auch wenn man ansonsten immer am liebsten alle Regeln nutzen möchte. Auf Dauer droht sonst einfach der Regel-Overkill, und auch dem regefreudigsten Spieler wird der Spielspaß verhagelt.

Die Feststellung, dass man aus der Masse an möglichen Regeln nach eigenen Vorlieben auswählen sollte, ist eigentlich banal. Dennoch halte ich es für wichtig, sich diesen Punkt immer wieder vor Augen zu führen. Zumindest fallen mir nach dem Erscheinen von neuen Veröffentlichungen mit zusätzlichen Fokusregeln verschiedener Stufen immer wieder Kommentare auf, die die neuen Fokusregeln als Beweis dafür sehen, dass DSA5 sehr kompliziert sei. Ich halte das für einen Trugschluss, bei dem vergessen wird, dass es nicht nur ein DSA5 mit allen Regeln gibt, bzw. gerade davon abgeraten wird, alle Regeln in das eigene Spiel integrieren zu wollen (siehe auch Markus Plötz‘ Aussage dazu auf der Keynote der RatCon 2017 unten im Video). Man kann und sollte das 5er-System für sich maßschneidern. So kann man ein sehr einfaches, aber auch ein sehr komplexes Regelgerüst für die eigene Gruppe nutzen. DSA5 kann also auch ganz ohne Hausregeln sehr einfach sein, wenn man es möchte, selbst wenn noch hunderte weitere Fokusregeln erscheinen sollten. Wer das verstanden hat, wird meiner Meinung nach viel entspannter mit neuen Fokusregeln umgehen als jemand, der jede neue Fokusregel vor allem als Auftrag versteht.

2. Alle für einen und eine für alle?

Schön und gut, kann man nun einwenden, man wählt also aus, wie komplex das eigene Regelgerüst sein soll. Doch was macht man, wenn die Gruppe sich dabei nicht einig wird? Das ist tatsächlich ein Punkt, der Probleme bereiten kann. Das gilt aber generell für jedes Regelsystem und ist nichts, was spezifisch für DSA5 wäre. Wenn die Spieler unterschiedliche Vorlieben haben, dann kollidieren im Spiel schnell die Interessen. Wieviel Spielzeit ist für eine bestimmte Situation angemessen? Wie häufig muss ich für eine bestimmte Aktion würfeln? Ist etwas im Rahmen der Regeln überhaupt möglich? Welches Regelsystem oder Rollenspiel wollen wir überhaupt spielen? Ich finde hier den Ansatz von DSA5 zur wählbaren Komplexität sehr hilfreich. Man kann Fokusregeln auch einfach nur nach Situation oder nur nach Spieler einsetzen.

Schon Dumas erkannte:Vier ist viel besser als Drei. Dennoch: Auf Regeln bezogen ist das Motto der Musketiere nicht unbedingt empfehlenswert.

Nach Situation bedeutet: Nicht immer die detailreiche Variante für ein Verfahren wählen, sondern nur dann, wenn die Situation wichtig genug erscheint, sodass man mehr Spielzeit auf sie verwenden will. Ist das Auffinden eines bestimmten Buches eine wichtige Stelle im Abenteuer, dann nutzt man die Fokusregeln zur Bibliotheksrecherche. Ist man im Endkampf und der Gegner hat tatsächlich unterschiedlich gut geschützte Körperstellen, dann nutzt man die Trefferzonenregeln. Beim Standardräuber der Zufallsbegegnung nutzt man dagegen einfach weiter den allgemeinen RS, und die Suche nach einer eher unwichtigen Information erfolgt über eine einfache Talentprobe oder einen Glückswurf. Bei diesem Vorgehen sind allerdings Fingerspitzengefühl und das Gespräch zwischen Spieleiter und Spielern wichtig. Spätestens wenn ein Spieler Abenteuerpunkte in Fokusfähigkeiten investiert hat, wird er diese auch gerne zumindest ab und an im Spiel im Einsatz sehen. Auch dies gilt allerdings ganz allgemein für das Spiel ohne Fokusfertigkeiten. Wenn ein Spieler seinem Helden einen gesellschaftlichen Fokus gibt, wird er oder sie auch nicht unbedingt glücklich werden, wenn es in der Runde nur von Kampf zu Kampf geht. Generell halte ich das differenzierte Anspielen der Vorlieben der Spieler für etwas sehr Gutes.

In die gleiche Richtung wie beim Ausspielen nach Situation geht es, wenn man die Fokusregeln je nach Spieler einsetzt. Wenn vier von fünf Spielern keinen weiteren W20 für die Zone würfeln wollen, dann können sie gegen den allgemeinen Rüstungsschutz angreifen, während gleichzeitig der fünfte Spieler gezielt Zonen angeht. Möglicherweise hat er so einen kleinen Vorteil, manchmal vermutlich sogar einen größeren, aber in der Regel sind die Änderungen durch Fokusregeln bewusst nicht von immensen Balanceverschiebungen begleitet. In meinen Augen bricht daher durch eine Differenzierung nach Spielern das Spielerlebnis nicht, sondern erlaubt einem jedem, so gut es geht, die Regeltiefe, die er gerne hätte. Konkurrieren die Spieler untereinander und ziehen daraus Spielspaß, dann ist dieser Weg allerdings problematisch bzw. nur schwer umzusetzen.

Die explizit als Optionalregeln bei DSA5 bezeichneten Regeln sind im Gegensatz zu den Fokusregeln für diesen Ansatz tatsächlich eher nicht geeignet. Sie verschieben das Spielgleichgewicht nämlich spürbar, sodass Situationen je nach Verwendung verschiedener Optionalregeln durchaus deutlich leichter oder schwerer werden. Auch die Balance zwischen den Spielerhelden wird so verschoben, da Bevor- und Benachteiligungen durch die Regeln entstehen. So kann es zur Frustration kommen, weshalb mir bei den Optionalregeln „ganz oder gar nicht“ als Ansatz angeraten scheint.

Ein Beispiel: Wenn ich mit der Fokusregel der schlimmen Verletzungen spiele, dann treten Wundeffekte auf, die kleinere Erschwernisse für die Betroffenen im Kampf bedeuten (kurzfristige Erschwernisse auf AT, eine Statusstufe etc.). Im Vergleich zum Spiel ohne diese Regel ändert sich am Kampfausgang aber nicht großartig etwas – die Kämpfe werden im Vergleich in ihrer Länge variieren, aber am Ende gewinnt dennoch ziemlich sicher die kampfstärkere Fraktion und die Verlierer haben aufgegeben, sind geflüchtet oder sind im Extremfall (und wenn man es darauf anlegt) unter 0 LeP und sterben, wenn sie nicht gerettet werden. Deshalb ist es für den Fortgang der Handlung nicht entscheidend, ob ich mit oder ohne die Regel spiele. Nutzt man aber die Optionalregel der extrem schlimmen Verletzungen, dann können im Kampf gezielte Angriffe zu Verkrüppelungen oder gar zum Tod führen und damit Kombattanten durch zwei glückliche Treffer ausschalten oder gar töten. Auch hier wird meist immer noch die gleiche Seite gewinnen, aber das Risiko, dass ein Held (oder natürlich auch NPC) durch einen Gegner getötet oder nachhaltig schwer verletzt wird, steigt deutlich an. So macht es für eine Kampfbegegnung mit wichtigen Personen, die im Idealfall nicht sterben sollen, einen sehr großen Unterschied, ob ich die genannte Optionalregel nutze oder nicht.

3. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!

Die DSA5-Regelwiki hilft die Übersicht zu behalten.

Eine weitere Quelle für Frust bei manchem Spieler stellt in meinen Augen die Verteilung der Fokusregeln auf verschiedene Regelwerke dar. Die Vielzahl der Regeln in einer Vielzahl von Bänden erschwert es sicherlich, einen umfassenden Überblick über alles zu bekommen, selbst wenn es Sammlungen der zentraleren Fokusregeln in Regelbänden gibt. Eine große Hilfe stellt hier meiner Meinung nach das DSA5-Regelwiki dar, da dies das Blättern in vielen verschiedenen Werken, die man möglicherweise gar nicht alle besitzt, meist unnötig macht. Doch nicht alle Spieler mögen Regeldarstellungen auf Webseiten oder akzeptieren den Nutzen von Computern (Tablets/Handys etc.) am Spieltisch. Deswegen möchte ich hier auch einen anderen Punkt ansprechen: Braucht man überhaupt einen Überblick über alle Regelelemente?

Wichtig scheint mir hier die Frage zu sein, warum man überhaupt einen Überblick über die ganzen Regeln haben möchte. Ich verstehe das Problem, wenn ein Spielleiter abschätzen möchte, zu was seine Gruppe in der Lage sein wird. Haben die Spieler Zugang zu Werken, die der Spielleiter nicht kennt oder zur Verfügung hat, wird das schwierig ‒ allerdings bleibt dann immer noch das Regelwiki, das man in diesem Fall auch dann vor einer Spielsitzung nutzen kann, wenn man Computer beim Spielen nicht mag. Hier kann man auch mittels der Suchfunktion schnell die nötigen Informationen finden.

Möglicherweise spielt man auch häufiger mit neuen Spielern zusammen, bspw. in Online-Runden oder auf Conventions. Hier ist die Abstimmung zwischen den Spielern und die Übersicht des Spielleiters ebenfalls schwerer, wenn den Beteiligten jeweils andere Fokusregeln bekannt sind oder sie einen unterschiedlichen Satz einsetzen. Hier würde ich aber auf den oben genannten, dritten Punkt verweisen: Wer sich darauf einlässt, dass nicht alle Spieler einer Runde zwangsweise den absolut gleichen Satz Fokusregeln nutzen, kann das vermeintliche Problem recht entspannt abhaken. Ansonsten helfen hier nur Absprachen vor dem Spielen, was meiner Erfahrung nach aber sonst auch für die Auslegung von offiziellen Regeln oder die Nutzung von Hausregeln üblich ist.

Neben dieser praktischen Seite des Problems fehlender Regeln gibt es, zumindest kommt mir das so vor, auch noch eine emotionale Seite. Manche scheinen besorgt zu sein, etwas Wichtiges zu verpassen, weil sie durch die gefühlte Vielzahl an Veröffentlichungen mit möglichen Regelstellen den Eindruck haben, nicht mehr alles überschauen zu können. Dieses Phänomen beschränkt sich interessanterweise nicht nur auf DSA, sondern ist so weit verbreitet, dass es sein eigenes Akronym besitzt: FOMO – fear of missing out.

In eine ähnliche Richtung geht die Frage nach den Fertigkeiten der Charaktere, wie zugänglichen Zaubern, Liturgien und Sonderfertigkeiten, die ich selbst v. a. von der Konvertierung alter Helden kenne. Hier vermisst man u. U. Möglichkeiten alter Editionen bzw. will wissen, wo sich diese in der neuen Edition befinden. Für diesen Punkt gibt es inzwischen aber erste Abhilfen, da man sich im Regelwiki für umsonst oder im Ebook-Shop für wenig Geld entsprechende Listen dieser Elemente besorgen kann.

Generell denke ich, dass es glücklicherweise vermeidbar ist, sich auf diesem Weg den Spielspaß zu verderben. Allerdings setzt das voraus, dass man sich auch bewusst macht, dass das Problem, das man sieht, möglicherweise nicht so schlimm und groß ist, wie es das eigene Bauchgefühl zunächst vermuten lässt. Die Nagelprobe ist hier die folgende Frage: Angenommen, es gibt keine Regel zu X, würde mir dann irgendetwas fehlen? Falls nein, dann sollte es auch nicht schlimm sein, wenn man die Regel nicht kennt, selbst wenn sie existiert. Klar, möglicherweise hätte man mit der neuen Regel noch mehr Spaß, aber das ist dann doch ein eher kleines Problem, schließlich ist der Zweck von Rollenspiel nicht Selbstoptimierung.

Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn man sagt: Das Spiel mit den Regeln, die ich kenne, macht mir keinen Spaß. Wenn man dieses Gefühl auf Basis der Kernregeln hat, dann heißt das aber, dass man u. U. einfach mit einem völlig anderen System glücklicher wird, ganz unabhängig von der Verteilung der Regeln. Zumindest ist es sehr unwahrscheinlich, dass ausgerechnet Fokusregeln die eigene Spielerfahrung dann radikal umändern.

4. Nichts hält für die Ewigkeit!

Der letzte Punkt zum Thema Optionalität, über den ich hier noch schreiben möchte, hängt mit etwas zusammen, was ich Alters-Konservatismus nenne, wobei Alter hier sowohl für Lebensalter als auch für die Zeit der Spielerfahrung steht. Meiner Erfahrung nach gibt es gerade bei den älteren bzw. schon länger mit DSA beschäftigten Spielern zwei häufiger anzutreffende Typen, die sich im Stil sehr unterscheiden: Einmal diejenigen, die – aus was für Gründen auch immer – Regeln inzwischen nur noch als nötiges, aber eigentlich nicht so wichtiges Element empfinden und deshalb in diesem Bereich auch schnell Fünfe einmal gerade sein lassen. Zum anderen diejenigen, die ihren langjährigen Spielstil so verinnerlicht haben, dass sie auf alternative Ansätze überhaupt keine Lust mehr haben, und bei denen bestimmte durch Regeln erfasste Aspekte des Spiels daher immer nach altbekanntem Schema funktionieren müssen.

Nicht hält für die Ewigkeit. Irgendwann ist auch der schönste Diskusflug vorbei und Gror empfängt Rurs Geschenk. Da sollte man auch DSA-Regeln keine Unsterblichkeit unterstellen.

Es geht mir hier jetzt nicht darum, zu zeigen, dass der eine Ansatz besser sei als der andere. Im Gegenteil: Für mich spielt derjenige richtig, der beim Spielen gemeinsam mit seinen Mitspielern Spaß hat. Mit welchem Ansatz das passiert, ist dabei völlig unerheblich. Andersherum würde ich aber auch sagen: Wer sich beim Spiel stressen lässt oder sich über Dinge aufregt, die sich ändern lassen, der sollte in seinem eigenen Interesse auch etwas ändern, denn Ärger und Frust sind bei einem Spiel wie DSA nicht Sinn der Sache.

Für den ersten Spielertyp von oben scheint mir dabei der Optionalitäts-Ansatz generell unproblematisch zu sein und dem bevorzugten Spielstil sogar sehr entgegen zu kommen. Wer Situationen eh auch mal über Handwedeln regelt und Regeln je nach Situation spontan anpasst, der wird auch mit einem umfassenden Regelangebot, bei dem man manche Elemente nicht auf dem Schirm hat, kein Problem haben. Wenn jemand in diesem Umfeld eine bestimmte Regel sinnvoll findet und sie auch kennt, dann wird sie auf Dauer vermutlich Einzug in die Runde erhalten. Zumindest solange, wie sie im Spiel keine Probleme bereitet – in dem Fall wird diese Runde sie wohl ohne großes Federlesen einfach streichen. Auf diese Weise ist das Arbeiten mit den Fokusregeln oder den optionalen Regeln der fünften Edition leicht und stressfrei möglich.

Anders sieht es beim zweiten Spielertypen aus: Wer an den bekannten Elementen hängt, wird sich deutlich schwerer tun, diese in irgendeiner Form zu verändern, die über Kosmetik hinausgeht. Somit wird ein sich regelmäßig durch neue Veröffentlichungen veränderndes Angebot an Regeln entweder komplett ignoriert werden oder für regelmäßigen Stress sorgen, wenn über den Einsatz jeder einzelnen Regel diskutiert wird. Ignorieren ist dabei sicher eine sinnvolle Möglichkeit, den Spielspaß dauerhaft zu sichern. Wer hingegen bei der Veröffentlichung neuer Fokusregeln Schweißausbrüche bekommt, weil jetzt schon wieder der eigene Charakter umgebaut werden muss, der sollte ernsthaft überlegen, ob hier nicht die Prämissen dem eigenen Spielspaß im Weg stehen. Dann hilft vermutlich nur entweder zu üben, gelassener im Umgang mit den Fokusregeln zu werden, oder Fokusregeln generell und konsequent zu ignorieren.

Kleiner seniler persönlicher Exkurs zum Thema Konservatismus im Spiel:

Persönlich denke ich, dass die Wahrscheinlichkeit, in einer festen Runde auf Dauer mit einem quasi unveränderlichen System Spaß zu haben, eher gering ist. Menschen bleiben selten ewig an einem Ort, gemachte Erfahrungen verändern den eigenen Blickwinkel, und nicht zuletzt drängen sich irgendwann neue Ideen auf. Deswegen denke ich, dass jeder gut daran tut, sich auf einen irgendwie gearteten Wandel auch bei DSA einzulassen und den Einsatz alternativer Ansätze zumindest einmal ernsthaft abzuwägen.

Ich kenne aber durchaus auch den Wunsch nach Kontinuität in mir: Ich spiele seit 1985 DSA und merke, dass ich inzwischen längst nicht mehr so offen gegenüber anderen Systemen bin, wie ich es früher einmal war. Das hat auch mit der im Vergleich zu früher nicht mehr so üppigen Zeit zu tun, die ich für das Spiel habe. Deshalb spiele ich gerne in dem mir so vertrauten Aventurien und verspüre dagegen nur noch wenig Lust, einmal ins verwandte Myranor zu springen, dessen Hintergrund ich mir erst wieder erarbeiten müsste.

Ebenso ergeht es alternativen Regelsystemen für DSA, wie Wildes Aventurien oder Ilaris, oder komplett anderen Spielwelten, wie Midgard oder Splittermond – egal, wie viel Liebe in diesen drin steckt und wie ausgefeilt sie auch sein mögen, für mich ist meist nach einer halben Seite Schluss und ich denke: Warum soll ich mir das durchlesen? Vor 20 Jahren war das noch anders, aber da hatte ich noch deutlich mehr Zeit für sowas.

In beiden Fällen liegt diese vielleicht schon etwas snobistische Fokussierung auf Bekanntes aber auch zu einem Gutteil daran, dass ich keinen Druck zum Testen einer Alternative verspüre, da ich einfach Spaß beim Spiel in dem Rahmen habe, den ich bereits kenne.

Andererseits habe ich mich mit dem Wechsel zur fünften Edition sehr leicht getan. Für mich selber kann ich sagen, dass das an drei Sachen lag: Einmal an einer Ermüdung mit dem 4er System, das für mich in einen zu hohen Komplexitätsgrad lief, ohne für mich funktionierende Vereinfachungsmöglichkeiten zu bieten, wie sie etwa mit den Fokusregeln ins Spiel kommen. Zweitens enthielt das neue Regelsystem noch genug altes DSA, dass es mir vertraut genug war, und ich nicht das Gefühl hatte, wieder bei Null mit dem Regellernen anfangen zu müssen. Drittens empfinde ich den konsequenten Ansatz zur Neutralität der Fokusregeln als meist so gut funktionierend, dass ich das Gefühl habe, zunächst auch gut ohne diesen Ballast spielen und dann bei Bedarf dennoch punktuell darauf zurückgreifen zu können.

Fazit

Zum Schluss werde ich nun den langen Sermon von oben noch einmal kurz zusammenfassen. Wer bis hierhin durchgehalten hat, ist herzlich dazu eingeladen, seinen Gefühlen in den Kommentaren freien Lauf zu lassen. Wer direkt hierhin gesprungen ist, der ist dazu natürlich auch herzlich eingeladen. (Aber: Die Bruderschaft ist informiert!)

Also: Ich halte Optionalitätsansätze im Regelsystem für eine gute Möglichkeit, den eigenen Spielspaß zu erhöhen oder zu bewahren. Dabei sollte man sich in jedem Fall gut überlegen, ob eine bestimmte Regeloption tatsächlich für das eigene Spiel geeignet ist und den eigenen Interessen entspricht, sich innerhalb der Gruppe abstimmen, ob man nicht den verwendeten Regelsatz variabel an Personen und Situationen anpasst, sich grundsätzlich keine Sorgen machen, dass man in der Vielzahl der Veröffentlichungen genau die eine wichtige Regel übersieht, und schließlich überhaupt offen dafür sein, auch einmal Alternativen zum eigenen Ansatz auszuprobieren. So ähnlich halten wir es schließlich auf unserer schönen Insel mit unseren Herrschern, daher kann solch ein flexibler Ansatz auch bei Spielregeln, die dem vielfältigen Wandel der Zeit unterliegen, nicht ganz verkehrt sein.