Rur liebt die Vielfalt, Bruderschwestern, doch bezieht sich seine Liebe dabei auf die Schöpfung, sein Geschenk an Gror. Nicht Teil davon sind die Kreaturen des Äthrajins, weshalb wir sie auch die Ungeschaffenen nennen, sind sie doch keine Schöpfung Rurs oder Grors. Und da sie nicht Teil der schönen Welt sind, sind sie hässlich und einzigartig in ihrem Wesen. So ist jede Bruderschwester aufgerufen, die Ungeschaffenen aus der Schöpfung zu tilgen, denn so hat Rur die Welt geschaffen – sie ist schön und so kann das Hässliche in ihr keinen Bestand haben. Deshalb soll jede von euch wissen, wie einem solchen Wesen beizukommen ist, weshalb wir euch hier einen Blick in das Aventurische Pandämonium, das neueste Informationswerk aus dem Hause des Ulisses-Verlags, werfen lassen wollen. Dem Verlag danken wir für die freundliche Erlaubnis, das Lehrmaterial präsentieren zu dürfen. Doch seid gewarnt! Schaut ihr zu lange in die Auswüchse des Äthrajins, so heißt es, dann schauen diese irgendwann auf euch zurück!
Der folgende Text beschreibt ein Wesen aus dem Reich der Asfaloth. Düsteren Gerüchten zufolge sollen auf unserer schönen Insel verräterische Diener dieser Dämonin Fuß gefasst haben. Achtet also gut auf Zeichen, die die Anwesenheit solcher Wesenheiten verraten, und sorgt dann dafür, dass das Hässliche dem Schönen weicht.
Li’baal
» (…) Vor nicht allzu langer Zeit besuchte mich ein Magus, dessen Fachgebiet die Anatomie war. Sein Hauptstudium hatte er in Elburum absolviert, doch seine fachliche Expertise ist unangefochten herausragend. Ich hatte den geschätzten Anatom eingeladen, um meine Schüler in der Verbindung verschiedenartiger Wirbel zu unterrichten, da ich hier noch große Defizite sah. Nach wenigen Tagen berichtete mir der Collega, dass er erst kürzlich eine wunderbare Li’baal beschworen hätte, über deren faszinierende Kinder er detailliert Buch geführt habe. Natürlich versuchte ich ihm zu erklären, dass man kein Leben aus dem Unleben heraus erschaffen kann – völlig vergeblich. Er beharrte darauf, dass es kein faszinierenderes Geschöpf gäbe als eine Li’baal, wenn sie ihren Brutbeutel öffne und all die wandelbaren Kreaturen in unsere Sphäre entließe. Er stand schon halb in einem Pakt mit der Herzogin des wimmelnden Chaos, sodass ich ihn bitten musste, mein Grundstück zu verlassen. Diese Dämonenbündler, sie treten das Erbe von Großelem mit Füßen und versuchen, eine kunstvolle Wissenschaft wie die Magica mutanda auf das Beschwören und Kommandieren von Dämonen zu reduzieren. Es ist wirklich schwierig, heutzutage noch gute Lehrer zu finden. (…) «
—aus einem Brief der Sefira Alchadid an Salpikon Savertin, undatiert
Die Li’baal (Mehrzahl: Li’baalim) ist eine groteske Dienerin der Asfaloth, deren Gestalt und Form man vor ihrer Beschwörung nur erahnen kann. Die immer weiblichen Li’baalim haben keine einheitliche Form: Eine menschliche Frau mit schnappenden Mandibeln, eine Risso mit acht Augen, eine insektoide Gestalt aus grauer Vorzeit mit erschreckend menschlichen Augen – all das ist denkbar. Die einzige Gemeinsamkeit, die diese Wesen haben, ist ein eitriger Brutsack aus dünner aber widerstandsfähiger weißer Haut, der von dunklen Adern durchzogen ist. Der Brutsack spannt sich zunächst eng über den Unterleib der Kreatur, füllt sich jedoch bald mit ihrer Brut und kann auf ein so gigantisches Ausmaß anschwellen, dass die Dämonin sich kaum noch rühren kann.
In ihrem Brutbeutel wachsen in den folgenden Stunden und Tagen unzählige Chimären heran, die einander nie gleichen und permanent ihre Form ändern. Die Li’baal presst sie aus einem langen, schlauchartigen Auswuchs heraus. Kurz nach ihrer widernatürlichen Geburt sind die Chimären bereit zum Kampf, wobei sie sich völlig willenlos von den Befehlen ihrer Mutter leiten lassen. Die Li’baal richtet sich dabei stets nach dem Willen ihres Beschwörers, außer sie wird angegriffen. In diesem Fall kennen die Chimären keine wichtigere Aufgabe, als ihre Mutter mit ihrem Leben zu schützen.
Die Li’baal kann auch selbst in den Kampf eingreifen, tut dies aber nur in äußerster Gefahr, denn dafür muss sie sich von ihrem Brutbeutel losreißen, der daraufhin verkümmert und abstirbt. Die Li’baal ist dann nicht mehr in der Lage, weitere Kreaturen zu gebären, was sie dazu bewegen wird, mit umso größerer Härte ihre bisherige Brut zu schützen.
Verbreitung
Die Dienerinnen der Vielfarbenen Macht werden in der Regel beschworen, wenn ein Paktierer oder Chimärenmeister sich innerhalb kürzester Zeit ohne Aufwand eine mächtige, zerstörerische Armee zusammenstellen will. In der Vergangenheit wurde von zwei besonders mächtigen Li’baalim berichtet. Die insektoide Schwarmkönigin wurde 1019 BF von Abu Terfas in einem Unheiligtum der Calijnaar gerufen, wo ihre Brut dem Paktierer und seiner Partnerin Achaz saba Arataz bei der Öffnung eines Portals in Asfaloths Sphäre beistand. Die berühmten Gezeichneten konnten die beiden Wahnsinnigen bezwingen und die Schwarmmutter vernichten. 1040 BF wurde von einer ähnlichen Wesenheit in der Dämonenbrache berichtet, bei der es sich um eine perverse Mischung aus menschlicher Frau und Gottesanbeterin gehandelt haben soll, die sowohl Asfaloth als auch Belhalhar diente. Aus den Ritzen und Schluchten der Brache quollen sich stetig wandelnde Chimären, geboren von der sogenannten Mutter der 1.000 Leiber. Sie sollte Asfaloths Scharen bei der Eroberung neuer Gebiete helfen, konnte jedoch von furchtlosen Streitern erschlagen werden. Beide Kreaturen waren sogenannte Seelenchimären – in einer vergangenen Zeit müssen sie Sterbliche gewesen sein, die ihre Seelen der Herzogin des wimmelnden Chaos verschrieben haben, bis diese sie als einzigartige Li’baal zurück nach Dere sandte.
Lebensweise
Wird eine Li’baal beschworen, ist ihr Brutbeutel noch leer und liegt eng an ihrem Körper an. Nach wenigen Minuten beginnen die ersten Chimären darin zu wachsen. Um jedoch eine große Anzahl an Kreaturen nach Dere zu holen, muss der Beschwörer der Li’baal Nahrung darbieten. Je mächtiger die feilgebotene Nahrungsquelle ist, umso stärker sind auch die Wesen, die die Li’baal gebärt. Werden der Li’baal nur Pflanzen gebracht, sind ihre Kinder unbeeindruckende Geschöpfe, mit denen man einen Gegner bestenfalls ablenken kann, während Chimären, die nach dem Verzehr von Kulturschaffenden auf die Welt kommen, teilweise sogar eine Kampftaktik oder Magie einzusetzen wissen. Die Li’baal sind der Sprache mächtig und werden von ihrem Beschwörer lautstark Nahrung einfordern, falls er dies vernachlässigt. Für natürliche Kreaturen hat die Li’baal meist nur Beschimpfungen und Schmähworte übrig, lässt sich hin und wieder aber auch dazu herab, vor einem Sterblichen die Schönheit ihrer wandelbaren Herrin zu loben und doppelzüngige Versprechungen zu machen. Im Kampf weisen sie in der Regel ihre Kinder an, sie zu verteidigen, greifen aber auch selbst ein, falls ihre Brut zu unterliegen droht.
Li’baal
Beschwörungsname: Li’baal / Libaalim
Beiname: Fleischformerin der inneren Einöden
Domäne: Calijnaar
Wesenstypus: 6-gehörnter Dämon
Beschwörungsritual: Invocatio Maxima
Größe: unterschiedlich
Gewicht: kein Gewicht
MU 16 KL 14 IN 16 CH 15 FF 13 GE 14 KO 23 KK 23
LeP 150 AsP 32 KaP – INI 14+1W6 AW 3 SK 6 ZK 6 GS 8
Waffenlos: AT 13 TP 2W6+4 RW mittel
RS/BE: 3/0 Aktionen: 2
Vorteile/Nachteile: keine
Sonderfertigkeiten: Finte I (Waffenlos), Wuchtschlag I-III (Waffenlos)
Talente: Einschüchtern 13, Klettern 11, Körperbeherrschung 12, Kraftakt 13, Selbstbeherrschung – (gelingt automatisch), Sinnesschärfe 10, Verbergen 9, Willenskraft – (gelingt automatisch)
Zauber: Corpofesso 10, Horriphobus 5
Größenkategorie: groß
Typus: Dämon (gehörnter, Asfaloth), humanoid
Anrufungsschwierigkeit: –7
Kampfverhalten: Li’baals Kampfverhalten folgt keinem einheitlichen Schema.
Flucht: Li’baal flieht nicht.
Schmerz +1 bei: immun gegen Schmerz
Sphärenkunde (Sphärenwesen):
QS 1: Li’baal ist eine machtvolle Dämonin aus Asfaloths Gefolge.
QS 2: Li’baal ist die Chimärenmutter, die zahlreiche Chimären erschaffen und ausspeien kann.
QS 3+: Li’baal verteidigt ihre Brut, wenn sie muss.
Sonderregeln:
Chimärenerschaffung: Eine Li‘baal kann für jeden Dienst einmal am Tag bis zu 3 Chimären erschaffen.
Empfindlichkeit gegenüber gesegneten/geweihten Objekten/Waffen: Li’baal ist besonders empfindlich gegenüber geweihten/gesegneten Objekten/Waffen der Tsa. Der gleiche Effekt tritt auch bei anderen mit Leben und Wiedergeburt verbundenen Gottheiten auf.
Dämonen-Regeln: Für Li‘baal gelten die allgemeinen Dämonen-Regeln (siehe Regelwerk Seite 355).
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